Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine große Klinikreform angekündigt, mit der er Kosten im Gesundheitssystem sparen will. Komplizierte Eingriffe sollen künftig nur noch in spezialisierten Kliniken vorgenommen werden, kleinere Operationen dagegen ambulant in kleineren Notfallzentren. Voraussetzung dafür ist, dass die spezialisierten Kliniken für solche Operationen dauerhaft gerüstet sind - mit Geräten und Fachpersonal. Schließlich werden sie in Zukunft mehr Operationen durchführen müssen. Und auch die kleineren Häuser müssen ihr Angebot entsprechend anpassen. Dieser Umbau kostet Geld - und zwar viel Geld. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet mit zusätzlichen Kosten von mindestens 50 Milliarden Euro.

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Empörung - und Vorwurf des Etikettenschwindels

Aber wer bezahlt diese Mehrkosten, da doch die gesetzlichen Krankenversicherer ohnehin mit einem hohen Defizit zu kämpfen haben? Lauterbach hat einen Transformationsfonds angekündigt, den Bund und Länder gemeinsam finanzieren sollen.

Doch der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hält das schlicht für Augenwischerei. Nach Ansicht des Gremiums werden die gesetzlich Versicherten einseitig zur Kasse gebeten, um den Umbau der Kliniken zu finanzieren. Mit entsprechend harten Worten geht der Verwaltungsrat an die Öffentlichkeit. Eine Stellungnahme, die auf der Webseite des GKV-Spitzenverbandes abgedruckt ist, trägt unmissverständlich die Überschrift: „Der Verwaltungsrat verwahrt sich gegen einen Etikettenschwindel bei der Krankenhausreform“.

Dass man wenig Gefallen an der geplanten Finanzierung findet, macht der Rat bereits mit dem eröffnenden Satz deutlich. "Der Verwaltungsrat ist empört, dass der Minister behauptet, der Bund finanziere die Hälfte des Transformationsfonds. In Wahrheit sollen die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung dies finanzieren", heißt es in dem Statement.

Statt dass der Bund mit eigenen Zuschüssen einspringe, soll sein Anteil aus dem Gesundheitsfonds finanziert werden, wie der GKV-Spitzenverband berichtet. "Der aktuell bekannt gewordene Entwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes sieht eine erhebliche Belastung der Beitragszahlenden mit den Kosten der Transformation der stationären Infrastruktur durch den geplanten Rückgriff auf Mittel des Gesundheitsfonds vor. Dies lehnt der Verwaltungsrat entschieden ab und erinnert daran, dass auch die Mittel des Gesundheitsfonds ganz wesentlich von den Beitragszahlenden aufgebracht wurden", schreibt der Verwaltungsrat. Darüber hinaus würden die vorgesehenen Änderungen der Krankenhausvergütung sowie der Rechnungsprüfung zu "immensen zusätzlichen Mehrausgaben der Krankenkassen" führen.

Die hälftige Finanzierung des Transformationsfonds durch die Beitragszahler sei "völlig verfehlt", argumentiert der Verwaltungsrat weiter. "Unstrittig ist, dass für die Transformation der Krankenhausstrukturen zusätzliches Geld gebraucht wird. Aber der Auf- und Umbau der Krankenhauslandschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und dient der Daseinsvorsorge für alle Bürgerinnen und Bürger, nicht allein für die gesetzlich Versicherten", schreibt er. Entsprechend müsse der Umbau aus Steuermitteln finanziert werden. "Bund und Länder dürfen ihre Finanzierungsverantwortung nicht einfach auf die Beitragszahlenden abwälzen", mahnt der Verband.

Der Verwaltungsrat kritisiert aber nicht nur die Finanzierung - er bezweifelt grundsätzlich, dass die geplante Reform die Kosten nachhaltig senken kann. Er bezeichnet es als "teuren Irrweg", die gesamte Krankenhausstruktur "nach dem Gießkannenprinzip zu fördern". Das Gremium fordert daher Bund und Länder auf, "sich konstruktiv und zügig für eine wirkliche Reform der Krankenhausstrukturen einzusetzen".

"Dringend notwendig sind eine bedarfsgerecht ausgestaltete Krankenhauslandschaft, bundesweit einheitliche Strukturkriterien und eine größere Transparenz über die Krankenhausqualität", heißt es in der Stellungnahme des Verwaltungsrates. Es müsse um eine "bedarfsgerechte und qualitätsgesicherte Versorgung der Patientinnen und Patienten" gehen, dazu gehöre auch eine Reform der Notfallversorgung, die bisher ausgeklammert werde. Bereits nach der Flüchtlingskrise 2015 und während der Corona-Pandemie hatte der GKV-Spitzenverband beklagt, dass der Großteil der entstehenden Mehrkosten den gesetzlich Versicherten aufgebürdet werde.

Deutlich steigender Zusatzbeitrag erwartet

Ähnlich wie der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes äußern sich auch andere Krankenkassen-Verbände. Sie rechnen mit deutlich steigenden Mehrbelastungen für die gesetzlichen Krankenkassen in den kommenden Jahren - und folglich mit steigenden Zusatzbeiträgen. "Wir rechnen damit, dass allein aufgrund der Mehrausgaben durch die Krankenhausreform der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz bis 2027 um schätzungsweise 0,3 Prozentpunkte erhöht werden müsste", positioniert sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) gegenüber der "Welt am Sonntag". Zur Erinnerung: Auch ohne die Reform gehen die Krankenkassen wegen steigender Kosten im Gesundheitssystem davon aus, dass der Zusatzbeitrag weiter steigen wird.

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Der AOK Bundesverband positioniert sich laut welt.de, dass durch die Einrichtung des Umbaufonds „ab 2026 für zehn Jahre jährliche Belastungen in Höhe von zwei bis 2,5 Milliarden Euro zu erwarten“ seien. Man könne zwar nicht genau benennen, wie stark die Beiträge steigen müssten. Doch eine Faustformel sei es, "dass Mehrausgaben von rund 1,8 Milliarden Euro einen Anstieg des GKV-Beitrags um 0,1 Punkte bedeuten".

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